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Elektro-Carsharing

Deer: Carsharing mit ganz viel Power

Elektrisches Carsharing auf dem Land? Skeptisch? Dass es funktioniert, beweist Deer Mobility Solutions aus dem baden-württembergischen Calw.

Von Christian Frederik Merten

94 elektrische Carsharing-Fahrzeuge an 75 Stationen bietet Deer Mobility Solutions seinen Kunden an. Und das nicht etwa in urbanen Ballungszentren, sondern in ländlichen Regionen Baden-Württembergs. "Angefangen hat alles im Sommer 2017 mit einer Marketing-Idee", erklärt Ricarda Becker, Leiterin Mobility Services & Sales bei dem Unternehmen aus Calw. Damals suchte die Deer-Mutter ENCW, der lokale Energieanbieter, nach einem Weg, auf seine frisch aufgebaute Ladeinfrastruktur aufmerksam zu machen. "Da haben wir uns für das Carsharing entschieden."

Seit dem 1. Januar 2019 komplett ausgegliedert, war Deer damals noch Organisationseinheit der Muttergesellschaft – und startete mit gerade einmal zwei Carsharing-Autos. IT-Systeme zur Carsharing-Verwaltung gab es noch nicht, alles lief manuell. Von Anfang an war klar, dass das Carsharing nicht nur das ENCW-Team mobil halten, sondern auch ein Public-Carsharing-Angebot werden sollte. Weshalb? Becker sagt: "Die Nachfrage aus der Bevölkerung war sehr groß. Außerdem bietet die öffentliche Nutzung die Möglichkeit, die Investitionen zu refinanzieren."

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860 regelmäßige Carsharing-Nutzer

40 von 100 ENCW-Mitarbeitern nutzen das Carsharing derzeit – vom Azubi bis zum Teamleiter, Dienstwagen gibt es bei ENCW ab der Bereichsleiter-Ebene. Die drei Poolfahrzeuge des Unternehmens sollen 2020 völlig abgeschafft werden, dann haben die Mitarbeiter ausschließlich Zugriff auf die derzeit neun Carsharing-Fahrzeuge in Calw.

Dazu kommen in ganz Baden-Württemberg weitere 820 Carsharing-Kunden, rund ein Viertel davon Geschäftskunden. Ricarda Becker möchte diesen Anteil noch weiter ausbauen. Denn die Vorteile lägen quasi auf der Hand: "Der Kunde muss kein teures Elektrofahrzeug kaufen, ist flexibel mobil und spart sich auch alle anderen Betriebskosten." Denn an Deer-eigenen Ladesäulen ist auch der Strom inklusive. Wer an fremden Säulen tankt, zahlt die üblichen Roaming-Tarife.

Um mehr Geschäftskunden zu erreichen, müsse sie nicht wirklich Überzeugungsarbeit leisten, ist Becker sicher, sondern ganz praktisch die Vorteile näherbringen: "Es geht vor allem darum auszuprobieren, wie elektrisches Carsharing im Alltag funktioniert." Dazu überlassen die Calwer ihren Kunden probeweise Testautos. Und auch die Fahrzeugflotte ist auf Geschäftskunden ausgerichtet: Neben den Renault Zoe, BMW i3, VW E-Golf oder Nissan Leaf stehen für besondere Anlässe auch zwei Tesla Model 3, zwei Audi E-Tron und ein Jaguar I-Pace bereit. Sie allerdings sind individuell zu mieten. "Und das nicht zum regulären Tagestarif", schmunzelt Ricarda Becker.

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Abrechnung nach Zeit

Apropos Tarife: Die Abrechnung erfolgt nach Zeit, nicht nach Kilometern. "Bei uns im ländlichen Bereich sind die Wege immer etwas weiter, und wir wollen ja, dass unsere Kunden viel elektrisch fahren", erklärt Ricarda Becker. Das erklärt auch die relativ hohe Fahrleistung von 85 Kilometern je Buchung. Die Mindestmietzeit beträgt eine Stunde für 4,96 Euro (alle Preise netto), der 24-Stunden-Tarif – ab der siebten Stunde – beträgt 29,33 Euro. Wer Montag bis Freitag jeweils zwischen sieben und 17 Uhr bucht, zahlt 450 Euro pro Monat, ein ganzer Monat komplett kostet rund 630 Euro. Die Preise umfassen eine Vollkaskoversicherung mit 1.000 Euro Selbstbeteiligung.

Als Kerninstrument für Buchung und Prozessabwicklung dient bei Deer mittlerweile eine Softwarelösung. Seit Ende 2017 ist Fleetster der Partner bei diesem Geschäft. "Hier bestand die Möglichkeit, sehr individuelle Prozesse umzusetzen", sagt Becker. Beispiel gefällig? "Uns war es wichtig, dass wir die Autos nachts nicht auf eigene Faust laden müssen, wie einige Wettbewerber das tun." Deshalb lässt sich der Buchungsprozess nur dann beenden, wenn das Fahrzeug an eine Ladesäule angeschlossen ist. Software und App hat Deer gekauft, darüber hinaus entrichten die Calwer je Fahrzeug monatlich eine Lizenzgebühr. Außerdem erlaubt das Fleetster-System die 24/7-Kundenbetreuung des Unternehmens digital auszuführen. "Das kann ich auch während des Sonntagsausflugs mit der Familie machen."

Natürlich erfolgt auch die Fahrzeugbuchung mittlerweile komplett digital. Zwar können Kunden immer noch telefonisch buchen, die Mehrzahl organisiert sich ihr Carsharing-Fahrzeug aber am Computer oder via App. Die Autos lassen sich dann ebenfalls per App öffnen. Wer das nicht möchte, erhält eine Zugangskarte mit RFID-Chip. Schon bei der Buchung entscheiden die Nutzer, ob sie privat oder dienstlich abrechnen lassen wollen.

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Erfolgreiches Carsharing auf dem Land

Kamen ihr nie Zweifel, im ländlichen Raum auf Carsharing zu setzen und dann auch noch auf rein elektrisches? "Auf keinen Fall", sagt Ricarda Becker. "Der Bundesverband Carsharing hat uns zwar eindringlich abgeraten, aber wir sind erfolgreich unterwegs." Auch die lokale Bevölkerung hege keinen Zweifel am E-Antrieb: "Viele haben uns gesagt: 'Wenn ich schon den Zweitwagen für Carsharing abschaffe, dann müssen die Autos alternativ angetrieben sein.'" Deshalb sei eines sicher: "Fossile Brennstoffe werden bei uns keinen Platz finden, auch nicht als Hybrid." Da ist es nur konsequent, dass Becker sagt: "Elektromobilität funktioniert nur mit Ökostrom. Deshalb kommt unser Strom zu 100 Prozent aus Wasserkraftwerken in Baden-Württemberg."

In Zukunft möchte Deer das Carsharing-Angebot deutlich ausweiten. "Schon im nächsten Jahr werden wir in die Bodenseeregion expandieren und damit ganz Baden-Württemberg abdecken", kündigt Ricarda Becker an. Außerdem gebe es Anfragen aus Berlin, man werde E-Roller in das System einbinden und man wolle das Angebot über Schnittstellen für andere Mobilitäts-Apps öffnen. Ein erster Schritt ist hier gemacht: "Aus der App des Verkehrsverbundes Stuttgart sind wir bereits buchbar." Becker kann sich aber noch mehr vorstellen: "Unser langfristiges Ziel ist, dass wir unseren Kunden über unsere App die gesamte Welt der Mobilität anbieten."

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