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Carsharing

Carpool, Mietauto oder Carsharing?

Wie kann ein Unternehmen den flexiblen Mobilitätsbedarf am besten decken? Mit einem Carpool, Langzeitmiete oder Corporate Carsharing?

Ein Mitarbeiter, ein Dienstwagen. Ein solches Modell, bei dem einem Angestellten ein Fahrzeug zur dienstlichen und privaten Nutzung zur Verfügung gestellt wird, ist vielleicht der Idealfall. Und es ist in den meisten Firmen auch sicher weit verbreitet. Oft aber sehen sich Fuhrparkverantwortliche oder auch Mobilitätsmanager weiteren Herausforderungen gegenüber: Wie kann ich sicher gewährleisten, dass Mitarbeiter ohne fest zugeordnetes Fahrzeug im Bedarfsfall pünktlich und sicher von A nach B kommen? Um reibungslose Arbeitsabläufe zu bewerkstelligen, ist dies eine sehr wichtige Aufgabe. Für deren Lösung stehen im Wesentliche drei Möglichkeiten zur Wahl. Diese bestehen in der Bereithaltung eines Carpools, in der – kurz- oder längerfristigen – Anmietung von Autos oder in der Teilnahme an einem Carsharingmodell.

Im Prinzip sind wir bei diesem Thema vor eine Problematik gestellt, wie wir sie zum Beispiel bei der Frage „Kaufen oder Leasen?“ treffen. Auch hier gibt es gute Argumente, die für und wider eine der beiden Möglichkeiten sprechen, ohne dass eine von beiden eine falsche Wahl darstellen muss. Doch wie lauten diese Argumente bei Carpool, Miete oder Carsharing?

Wie hoch ist die Auslastung?

Ein Carpool ist aus Sicht von Rita Thinius, Fuhrparkverantwortliche bei der Firma Vetter Pharma, die beste und auch kostengünstigste Lösung für ihre Mobilitätsanforderungen. Neben 62 fest zugeordneten Dienstfahrzeugen unterhält das Unternehmen einen Carpool von 60 Autos, der von rund 1.700 Mitarbeitern ausschließlich zu dienstlichen Belangen genutzt werden kann. War dieser Pool bis zu Beginn des vergangenen Jahres noch über ein System von Listen organisiert, so ist Vetter im April 2016 auf das Angebot der Firma Kemas gestoßen. Damit können Fahrzeuge online nach bestimmten Parametern firmenintern reserviert beziehungsweise disponiert werden; der Mitarbeiter kann sich den Schlüssel zum Fahrzeug an einem zentral installierten Übergabeautomaten abholen, der auch sogleich die Führerscheinkontrolle durchführt.

Wie ist die Halterhaftung geregelt?

Gerade letzter Punkt war einer der ausschlaggebenden. „Die Halterhaftung geht natürlich auch an uns nicht vorbei, und mit dem Einsatz des Systems ließen sich viele Prozesse automatisieren, wie zum Beispiel die Führerscheinkontrolle“, so Rita Thinius. Einige Anwendungen des Systems seien sehr hilfreich, so lassen sich zum Beispiel Nutzungsstunden detailliert erfassen und es können reservierte, aber nicht durchgeführte sowie stornierte Fahrten erfasst und ausgewertet werden. „Wir können durch das System von Kemas die Fahrzeuge deutlich effektiver nutzen als zuvor. Legen wir einen Wert von 100 Prozent vor der Umstellung zugrunde, so liegen wir jetzt bei einer Auslastung zwischen 160 und 170 Prozent“, so Thinius. Der Betrieb eines Carpools, der im Prinzip ja nichts anderes als ein firmeninternes Carsharing darstellt, sei für ihr Unternehmen die beste Variante, die Mobilität der Mitarbeiter sicherzustellen, so Rita Thinius

Welche Varianten gibt es?

Mit einer Art Zwitter von Carsharing und Carpool haben wir es bei einem Projekt zu tun, wie es in Hamburg angestoßen wurde. Dort in der Hamburger City Süd können die rund 500 Mitarbeiter des Unternehmensverbunds Urbana und Kalorimeta (Kalo) ab sofort einen elektrisch betriebenen BMW i3 des Carsharing-Anbieters Share a Starcar nutzen. „Unser Ziel ist es, mit unserem Carsharing-Angebot nicht nur die Nutzung von Autos im Privatbereich kostengünstiger zu gestalten, sondern auch die Mobilität von Unternehmen effizienter und umweltverträglicher aufzustellen. Urbana und Kalo sind dabei die ersten mittelständischen Unternehmen, bei denen wir dieses Modell umsetzen“, sagt Stephan Töllner, Projektleiter von Anbieters Share a Starcar. Der Unternehmensverbund greift dabei auf eine neue Abrechnungsfunktion des Anbieters zurück. Diese ermögliche bei jeder Einzelfahrt eine Unterscheidung zwischen Privat- und Dienstnutzung. Für Dienstfahrten wird automatisch eine monatliche Sammelabrechnung mit transparenter Auflistung der Einzelfahrten erstellt.

Wie sieht es mit Elektroautos aus?

Frank Jarmer, Geschäftsführer von Urbana, sagt: „Wir möchten unseren Firmenfuhrpark mit 170 Fahrzeugen nachhaltiger aufstellen und mit dem Einsatz von Carsharing-Angeboten insbesondere die Anzahl an Poolfahrzeugen verringern. Diese sind oft nur wenige Stunden am Tag im Einsatz – das ist wenig effizient.“

Um den BMW i3 vor Ort aufladen zu können, hat Urbana auf eigene Kosten eine Ladesäule installiert. „Mit Carsharing können Firmen ihren Autobedarf optimal decken und so kostengünstiger und umweltfreundlicher arbeiten. Für Unternehmen kann der Rückgriff auf Carsharing bei einer Jahresfahrleistung von bis zu 12.000 Kilometer deutlich günstiger sein als der Unterhalt des eigenen Firmenwagens. So entfallen nicht nur teure Nebenkosten, wie beispielsweise für Inspektionen und Reifenwechsel - ein Sharing-Auto ersetzt auch bis zu neun Firmenwagen“, so Töllner.

Per Smartphone-App können Pkw und Transporter jederzeit, spontan oder geplant, ausgeliehen werden. Bereits 30 Prozent davon sind mit Elektroantrieb. Laut dem Bundesverband Carsharing teilen sich bezüglich stationsbasierter Angebote in Deutschland durchschnittlich 45 Kunden ein Auto. Dabei werde Carsharing immer beliebter. Anfang 2016 gab es bereits 1,26 Millionen Carsharing-Kunden, im Vergleich zum Vorjahr ist dies eine Steigerung um 200.000 Kunden, beziehungsweise fast 19 Prozent.

20 Prozent weniger Fahrzeuge?

Auch in Firmen sei Carsharing immer beliebter, hört man vom Bundesverband Carsharing (bcs) in Berlin: „Carsharing kann für Unternehmen in zwei Varianten interessant sein: Zum einen als Corporate Carsharing, zum anderen als Teilnahme am öffentlichen Carsharing“, so Gunnar Nehrke vom Verband.

Bei der ersten Variante, dem Corporate Carsharing, stellt der Carsharing-Anbieter einem Unternehmen Fahrzeuge exklusiv für den eigenen Fuhrpark zur Verfügung, die mit der Carsharing-Technik ausgerüstet und mit der Buchungsplattform verbunden sind.

„Gegenüber dem klassischen Fahrzeug-Pool hat das mehrere Vorteile: Buchung und Zugang sind für die Mitarbeiter viel einfacher, Kurzzeitmieten sind jederzeit möglich und der administrative Aufwand - sowohl in der Disposition als auch für die Nutzer -ist viel geringer. Am wichtigsten aus Sicht des Fuhrpark-Verantwortlichen sind aber sicherlich die verbesserte Auslastung und der damit verbundene Effizienz-Gewinn. Wir sehen an Beispielen, dass eine Reduzierung der Fuhrpark-Fahrzeuge um 20 Prozent dank einer Corporate-Carsharing Lösung keine Seltenheit ist“, so Nehrke.

Das komplette Interview mit Gunnar Nehrke lesen Sie hier

Weitere Vorteile von Carsharing sieht man seitens des Anbieters Drive Now. So könnte zum Beispiel eine im Unternehmen verankerte Nachhaltigkeitsstrategie umgesetzt werden. Denn mit Carsharing könne der firmeneigene Schadstoffausstoß reduziert werden. Immer mehr Unternehmen legten Wert auf elektrische Mobilitätsalternativen und entschieden sich deshalb bewusst für Carsharing-Angebote, bei denen sie optional auch Zugriff auf Elektrofahrzeuge haben. Weitere Aspekte nennt Aurika von Nauman für Drive Now: „Fuhrparkmanagement und Führerscheinkontrolle werden für das Unternehmen überflüssig und es fallen keine zusätzlichen Kosten wie Fahrzeugunterhalt oder Benzin an. Wir bieten einfache Implementierung, keine Fixkosten, kein finanzielles Risiko, keine langfristigen Verpflichtungen und somit auch eine gewisse Krisensicherheit (Nutzung im Notfall einfach einstellbar, da keine Verträge im klassischen Sinne). Parkgebühren innerhalb des Geschäftsgebietes oder am Flughafen entfallen und bei Auslastungsspitzen eines Fuhrparks kann Drive Now eine gute kurzfristige Lösung sein.

Welche Risiken birgt das Carsharing?

Vor möglichen Risiken warnt dieser Tage erst der Deutsche Anwaltsverein: „Carsharing wird immer beliebter, aber auch die Risiken für die Kunden sind größer geworden. Nach Informationen der Deutschen Anwaltauskunft haben in den letzten Monaten fast alle Anbieter ihre Vertragsbedingungen verschärft. Im Falle eines Unfalls drohen den Kunden höhere Zahlungen als früher“, erklärt Swen Walentowski von der Deutschen Anwaltauskunft. Die Nutzer haften je nach Anbieter im Falle eines Schadens mit bis zu 1.500 Euro. Die Carsharing-Anbieter müssen jedoch dem Kunden nachweisen, dass er den Schaden verursacht hat. Die Deutsche Anwaltauskunft rät deshalb, eine Zahlungsaufforderung von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin überprüfen zu lassen. In jedem Fall sollte man vor Fahrtantritt das angemietete Fahrzeug auf Schäden untersuchen. „Eine penible Untersuchung des gesamten Fahrzeuges, möglicherweise sogar in der Nacht, ist aber nicht erforderlich“, erläutert Swen Walentowski.

Vom Vermieter zum Mobilitätsdienstleister?

Von einem gewandelten Bild des Vermieters spricht Oliver Max Busch, Geschäftsführer des Unternehmens Europa Service: „Eine Differenzierung zwischen den Angeboten ist heutzutage nicht mehr zeitgemäß. Carsharing oder das Vorhalten eines Carpools sind Dienstleistungen, die ich heute – als Kunde – auch von jedem „Autovermieter“ erwarten darf. In unseren Augen wandelt sich der Autovermieter im Rahmen der zunehmenden Digitalisierung immer mehr zum Mobilitätsdienstleister, der nicht nur „Autovermietung“ im klassischen Sinne anbietet“. So werde jedem Kunden das Mobilitätsangebot zur Verfügung gestellt, welches er für seinen Bedarf benötigt. Wer eine Langzeitmiete wünsche, kann diese heute schon in Form eines Carpools erhalten, den der Kunde und dessen Mitarbeiter selber verwalten. „Benötigt der Kunde hingegen stundenweise oder innerstädtisch Mobilität, kann er sich der breiten Carsharing-Flotte bedienen und fährt hier mit uns sogar, dank der großen Auswahl an Elektrofahrzeugen, emissionsfrei.“

Das komplette Interview mit Oliver Max Busch lesen Sie hier

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