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Das bietet der Markt

Neue Telematiklösungen: viel mehr als nur Ortung

Die Zahl an Telematiksystemen für Transporter-Flotten nimmt zu. Orientierung kann der Aspekt bringen, woher der Anbieter sein Know-how bezieht.

Von Sabine Neumann

Mehr Produktivität und eine effizientere Auslastung der Fahrzeugflotte, die Suche nach innovativen Lösungen, um die Erwartungen der Kunden zu erfüllen, ein besseres Personalmanagement, die Reduzierung von Betriebskosten oder mehr Sicherheit für wertvolle Güter - die Herausforderungen, vor denen Unternehmen stehen, sind enorm. Das gilt für Handwerker jeglicher Branche ebenso wie für Kurierdienste oder andere Dienstleister. Moderne Telematik kann dazu beitragen, Daten zu analysieren, in einen logischen Zusammenhang zu bringen und so im Optimalfall verborgenes Potenzial zu offenbaren.

Telematik: Vernetzung von Informationen

Dementsprechend bieten moderne Telematiklösungen heute weitaus mehr als reine Fahrzeugortung. Es geht darum, Fahrzeuge, Mitarbeiter sowie das Flotten- und Auftragsmanagement miteinander zu vernetzen – jederzeit und von überall abrufbar. Die entsprechenden Lösungen existieren auf dem Markt: Funktionen wie Fahrzeugortung und -navigation, Fahrdatenschreiber-Download, Eco-Drive-Analysen oder auch Kommunikationswerkzeuge bieten mittlerweile selbst kleinere IT-Firmen oder Start-Ups an.

Auf Erfahrungen aus dem Nutzfahrzeugsegment beziehungsweise profunde Branchenkenntnis muss man bei diesen Anbietern aber oftmals verzichten. „Im leichten Nutzfahrzeugsegment sind die Bedürfnisse so spezifisch, dass man hier kaum mit Standardlösungen arbeiten kann“, warnt Astrata-Produktmanagerin Ella Hutton-Mills davor, allzu vorschnell bei der Wahl des Systems zu sein.

Herstellereigene Lösungen

Bestens aufgestellt sind in dieser Hinsicht Nutzfahrzeughersteller, die mittlerweile eigene Telematiksysteme anbieten. Diese sind dann in vollem Umfang auf die entsprechende Marke abgestimmt. Während Ford auf der Nutzfahrzeug-IAA eine von Ford Smart Mobility entwickelte Konnektivitätslösung namens "Ford Telematics" erst noch vorstellen wird, ist das Fahrzeugmanagement-Tool "Pro Connect" für den Sprinter bei Mercedes schon seit einiger Zeit aktiv. Vor Kurzem wurde es um etliche Funktionen erweitert, um auch kleineren Fuhrparks und mittelständischen Betrieben die Möglichkeit zu geben, die Vorteile von Konnektivität zu nutzen.

Als Basis dient dabei ein High-Speed-Internetanschluss, der im Transporter verbaut ist und als Schnittstelle zwischen Fahrzeug, Fahrer und Flottenmanagement fungiert. Außerhalb des Fahrzeugs können Mitarbeiter via App und Smartphone mit der Zentrale oder dem Fuhrparkmanager kommunizieren und in Verbindung bleiben. Aus acht "Mehrwertpaketen", zu denen unter anderem Themen wie eine effiziente Fahrstilanalyse, die Fernsteuerung von Funktionen wie Türöffnen und -schließen oder ein digitales Fahrtenbuch gehören, lassen sich genau die Lösungen auswählen, die das eigene Anforderungsprofil verlangt.

Telematik: Optimale Steuerung von Aufträgen

Servicedienstleister, die bei Störungen schnell vor Ort sein wollen, schätzen es zu wissen, wo welcher Mitarbeiter ist, wie lange er dort noch zu tun hat und wann er wieder zur Verfügung steht. Das erspart etliche Stunden am Telefon und jede Menge Abstimmungsschleifen. Mit dem Tool Fahrerkommunikation erkennt das System beziehungsweise der Mitarbeiter in der Zentrale, dass ein Auftrag erledigt ist. Jetzt kann direkt die nächste Aufgabe samt Adresse ans Handy geschickt und gleichzeitig das Navigationsgerät mit der passenden Adresse aktiviert werden.

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Sind zudem die Funktionen Fahrzeugzustand, Navigation und Live-Traffic-Information gebucht, dann registriert das Fahrzeug, falls der Tankinhalt für die Fahrt bis zum nächsten Kunden nicht reicht, informiert über Tankstellen auf dem Weg und ermittelt unter Berücksichtigung der aktuellen Verkehrslage die schnellste Route bis zum Ziel.

Offene Systeme können Alternative sein

Alternativ zu einer herstellerbasierten Lösung gibt es Produkte von Unternehmen, die sich auf standortbezogene Systemlösungen spezialisiert haben: "Fleet Management Solutions (FMS)". Sie funktionieren vollkommen fahrzeug- und markenunabhängig. Im besten Fall handelt es sich um offene Plattformen, sodass bereits genutzte Softwarelösungen von Drittanbietern einfach integriert werden können.

Zu diesem Anbieterkreis zählt unter anderem Astrata Europe, früher bekannt unter dem Namen Omnitracs Europe. Seine Expertise bezieht der Telematikanbieter aus 25 Jahren Erfahrung mit der Ausstattung großer Trucks. Doch seit Kurzem ist mit "Vanlink" ein speziell für den leichten Transporter-Bereich konzipiertes Produkt auf dem Markt gekommen.

"In dieser Branche ist man viel zeitkritischer, verlangt eine hohe Flexibilität und Zuverlässigkeit", argumentiert Hutton-Mills, die eine große Chance für die Steigerung der Arbeitseffizienz in der Möglichkeit erkennt, die Flottenmanagementlösung nahtlos in andere Back-Office-Systeme zu integrieren.

Beraten, analysieren, lösen

Im Rahmen einer Beratung wird die gesamte Logistik bei der Abwicklung von Transport- oder Serviceaufgaben analysiert. Bereits im Unternehmen genutzte Managementsysteme für Bereiche wie Beschaffung, Produktion, Vertrieb, Anlagenwirtschaft, Personalwesen, Finanz- und Rechnungswesen oder die Lagerhaltung – alle Enterprise-Resource-Planning-Systeme (ERP-System) – fließen dann mit den Mobilitätsbedürfnissen in einer einheitlichen und umfassenden Lösung zusammen.

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"Die Frage, die dahintersteht, ist immer: Was braucht der Kunde wirklich?", so Hutton-Mills. Selbstverständlich gehören auch Funktionen wie beispielsweise die Integration in ein Kühlsystem dazu, um eine konstante Temperaturkontrolle während des Transports zu gewährleisten.

Oder aber die Live-Schulung der Fahrer, bei der anhand von Daten über das Fahrverhalten oder des Fahrzeugverbrauchs Verhaltenstipps per Handy oder einem anderem im Fahrzeug integrierten Medium gegeben werden. Derzeit entwickelt man außerdem eine App, die es Kunden über einen Zugang zu Vanlinc ermöglicht zu verfolgen, wann ihre Ware in Echtzeit ankommt.

Telematik: Datenanalyse bis in die Tiefe

Noch einen Schritt weiter geht das in Kanada beheimate, aber auch in Deutschland aktive Unternehmen Geotab mit seiner Plattform. "Wir setzen uns intensiv mit allen Daten des Autos und der Umgebung auseinander, analysieren sie und geben ihnen eine Bedeutung", vergleicht Business Development Manager Fabian Seithel die Vorgehensweise mit der Blutanalyse eines Menschen: "Erst wenn ich weiß, was ein Mangel an Vitamin A, B oder C bedeutet, kann ich in der Praxis damit etwas anfangen."

Liest das bordeigene Netz eines Transporters beispielsweise anhand der Fehlercodes zu viele Fehlzündungen oder andere Unstimmigkeiten aus, kann der Fuhrparkmanager bereits darüber informiert werden, bevor das Auto im laufenden Betrieb ausfällt. Im Optimalfall werden sofort die Werkstatt informiert, ein Ersatzwagen bereitgestellt und die Tourenplanung neu justiert.

Nicht angeschnallt? Alarm!

In die Bewertung fließen aber nicht nur die Daten der eigenen Flotte ein. Auf der offenen Geotab-Plattform können Unternehmen zudem auf mehr als 200 Applikationen von Drittanbietern aus dem Partner-Ökosystem zugreifen, darunter Mobile Apps, Add-ons, MyGeotab-Add-ins und Software-Lösungen. Die Basis dafür ist ein Fahrzeugmanagement-Gerät, das sich per Plug-and-Play direkt mit der Datenschnittstelle des Fahrzeugs verbinden lässt.

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Die Auswertung und Berichterstattung erfolgt über eine Software. Optional bietet Geotab Fuhrparkmanagern Lösungen an, die sogar so weit gehen, dass bei einem nicht angelegten Sicherheitsgurt ein Alarm ausgelöst wird. Auch kann die Software eine Nachricht schicken, wenn Verspätungen eintreten oder vorgeschriebene Pausen nicht eingehalten werden. Das System ist laut Seithel für alle Unternehmensgrößen skalierbar und kann individuell gestaltet werden, um jedem Unternehmen die Informationen bereitzustellen, auf die es angewiesen ist, um das Optimum aus der Flotte herauszuholen.

Cybersicherheit als das A und das O

Dass es dabei nicht bleiben soll, zeigt sich am Engagement des Telematik-Experten, sich gemeinsam mit anderen Interessengruppen aus dem Transportwesen für den Bau der "Neutral Vehicle Platform" einzusetzen. "Dabei handelt es sich um ein offenes Ökosystem, in dem Autobesitzer, Flottenmanager sowie Anbieter von Produkten und Dienstleistungen im Transportwesen teilnehmen können, um Daten zu teilen und Telematik-Dienstleistungen oder Produkte anzubieten", erklärt Seithel, der darin realistische Vorteile für das Transportgewerbe, die Ökobilanz und die Unfallprävention erkennt.

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Das alles ist noch Zukunftsmusik. Dass aber dennoch bereits heute über Themen wie die Klärung von Eigentumsrechten an Daten, Datenschutz oder Cybersicherheit diskutiert werden muss, steht außer Zweifel – wie auch Dirk Schlimm, Mitglied des Geotab Advisory Boards und mitverantwortlich für die Entwicklung der globalen Unternehmensstrategie, Corporate Practice und Risk Management.

Vor dieser Diskussion und den daraus resultierenden Maßnahmen steht aber vor allem eines: die Entscheidung, welche Art der Telematik für das eigene Unternehmen am sinnvollsten ist.

Sechs Tipps fürs Datenmanagement

Um dauerhaft einen sicheren und offenen Zugriff auf hochwertige zuverlässige Daten gewährleisten zu können, sollten sich alle Player rund um den Fuhrpark ein paar Grundregeln bewusst machen. Dirk Schlimm, Mitglied des Geotab Advisory Boards und mitverantwortlich für die Entwicklung der globalen Unternehmensstrategie, Corporate Practice und Risk Management, empfiehlt folgende Praktiken:

  1. Seien Sie sich bewusst, wie wichtig Daten sind. Ihr Unternehmen läuft schon heute mit Daten. Morgen wird das noch viel stärker der Fall sein. Verlieren Sie den Zugriff auf Fahrzeugdaten oder die Fähigkeit zur Datenverarbeitung über Marken und Plattformen hinweg mit der Telematiklösung Ihrer Wahl, wird Ihr Unternehmen schweren Schaden erleiden.

  2. Behaupten Sie Ihr Eigentum an Daten, machen Sie deutlich, dass Fahrzeugbetriebsdaten Ihnen gehören und Sie sie kontrollieren. Wenn nötig, bestätigen Sie Ihr Dateneigentum und Ihre Datenkontrolle mit dem Fahrzeughersteller.

  3. Beschaffen Sie offene OBD-Fahrzeuge. Beschaffen Sie nur solche Fahrzeuge, die unabhängigen, offenen Datenzugriff durch den OBD-Port ermöglichen. Beschaffen Sie keine Fahrzeuge, die Datenzugriffsports blockieren oder drosseln, da Sie so auf markengebundene Systeme beschränkt werden können, die nicht mit Ihrem Fuhrpark kompatibel sind oder Sie von Ihren Originalherstellern abhängig machen – was auch heißt, dass der Hersteller Zeitpunkt und Kosten für Upgrades und Aktualisierungen veralteter Systeme diktiert.

  4. Wählen Sie eine hochwertige Plattform. Wählen Sie Ihre Datenzugriffsplattform so, dass sie Ihren Anforderungen an Datenqualität, Auswahl und Verfügbarkeit entspricht. Ziehen Sie Plattformen vor, die gemischte Fuhrparks unterstützen.

  5. Machen Sie bei der Sicherheit keine Kompromisse. Üben Sie angemessene Sorgfalt bei der Sicherheitsprüfung Ihrer Datenzugriffsplattform aus und sorgen Sie dafür, dass sie stets aktuell bleibt. Entwickeln Sie Ihr eigenes Datensicherheitsprogramm und wählen Sie die besten verfügbaren Sicherheitslösungen für Fahrzeuge, Telematik, Dienste und Teile.

  6. Achten Sie auf Datenschutz für die Fahrer. Richten Sie Datenschutzrichtlinien ein, die die persönlichen Daten des Fahrers minimieren und berücksichtigen, dabei aber auch Ihren geschäftlichen Bedürfnissen gerecht werden.

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