Von Wolfgang Schäffer
Es war schon immer eine besondere Kunst, Gutes noch besser zu machen. Das wissen gerade auch Entscheidungsträger in Unternehmen, die häufig Porsche als Maßstab für Qualität und Unternehmensphilosophie nennen. Die Entwickler und Techniker, die für den Elfer verantwortlich sind, stellen seit Jahrzehnten nachdrücklich unter Beweis, dass sie die genannte Kunst bestens beherrschen.
Kaum zu glauben, aber tatsächlich wahr: Der 992 fährt sich nochmal besser als sein Vorgänger. Und dafür ist nicht nur der Leistungszuwachs des Dreiliter-Sechszylinder-Biturbos im Carrera S von 30 auf jetzt 450 PS verantwortlich. Gut, der Spurt aus dem Stand auf Tempo 100 gelingt wieder ein paar Zehntel schneller (3,7 Sekunden, mit Allradantrieb 3,6) und auch der Top-Speed liegt mit 308 (306) Kilometern pro Stunde nochmals eine Idee zu.
Physikalische Grenzen scheinbar verschoben
Weitaus interessanter und wichtiger für viele Porsche-Fahrer - wie auch Rallye-Legende Röhrl - aber sind Einlenk- und Kurvenverhalten. Disziplinen, in denen die achte Generation die physikalischen Grenzen zu verschieben scheint. Kaum zu fassen, wie problemlos der erstmals mit Mischbereifung (20 Zöller vorn, 21 Zoll hinten) ausgestattete Elfer bei extrem flotter Fahrt über einen winkligen Parcours in der Spur bleibt.
Die Rückmeldung der wunderbar direkten Lenkung lässt keine Wünsche offen. Walter Röhrl dazu während der Hatz auf der Rennstrecke am Steuer des Elfers: "Unglaublich, was das Auto kann. Es geht alles so leicht. So wenig Lenkbewegungen sind notwendig, um richtig schnelle Runden zu fahren."
Bestnoten für das PDK
Bestnoten bekommt auch das neu entwickelte, achtstufige Doppelkupplungsgetriebe (PDK), das vorerst alternativlos ist (manuelle Schaltung folgt später). Nicht der Hauch einer Zugkraftunterbrechung ist zu spüren, wenn der rechte Fuß das Gaspedal so lange wie möglich, also bis zur Vollbremsung vor der nächsten Kurve auf der Rennstrecke, durchdrückt. Einfach nur klasse. Apropos Bremsen: Die packen, wie bei Porsche üblich, auch nach 20 oder 30 massiven Attacken aufs mittlere Pedal noch kraftvoll zu.
Dass sich der Carrera S natürlich auch jenseits von Höchstleistungen auf der Landstraße beziehungsweise im Stadtverkehr von seiner besten Seite zeigt, versteht sich fast von selbst. Leicht und locker schwimmt er im Verkehr mit, lässt sich im dichten Gewühl oder auf engen Straßen problemlos bewegen.
50 Kilogramm mehr Gewicht
Daran ändert auch das Plus an Breite nichts. Die Spur verzeichnet ein Wachstum von 44 Millimetern und das Heck hat nun generell die Breite, die bisher den Allradmodellen vorbehalten war. Das hat zur Folge, dass die Schultern über den Radhäusern noch weiter nach außen gezogen sind, die Taillierung der glattflächigen Seiten damit mehr betont wird.
Front - ausdrucksstark ist die mittige Vertiefung in der Haube, die an die von 1973 bis 1989 gebaute G-Serie erinnert - und Heck (schmaler gewordene Rückleuchten, verbunden mit einem feinen Lichtband) haben die Designer optisch nach unten gezogen.
Nichts zu mäkeln also? Fast nichts. Es wird Stimmen geben, die auf das Mehrgewicht von 50 Kilogramm (1515 Kilogramm/Allrad 1565) hinweisen, das sich aufgrund des neuen Getriebes, der größeren Räder und des serienmäßigen Partikelfilters ergibt. Doch hat das wie beschrieben weder negative Auswirkungen auf die Fahrleistungen noch auf den Verbrauch, der laut Norm 8,9 Liter (0,1 Liter weniger als beim 991) beträgt.
Ein Display nur schlecht zu erkennen
Wirklich zu kritisieren indessen ist die Sicht auf einen Teilbereich der Instrumente. Gut im Blick liegen der zentral im Armaturenträger oberhalb der Mittelkonsole liegende Bildschirm (knapp elf Zoll) für Navigation und Radio sowie der mittig vor dem Fahrer platzierte Drehzahlmesser. Auch das links daneben angesiedelte sieben Zoll große Display ist gut zu erkennen. Der gleich große Bildschirm auf der rechten Seite hingegen verschwindet zur Hälfte hinterm Lenkrad.
Wer alles sehen will, muss mit dem Kopf nach vorn oder auf dem Sitz leicht in Richtung Tür rücken. Ein Manko, das aber vermutlich leicht zu verschmerzen ist und echte Elfer-Liebhaber kaum abhalten wird, die 120.125 Euro (8000 Euro mehr als bisher) für den Carrera S anzulegen und trotz einer durchaus umfangreichen Ausstattungsliste zudem noch diverse Kreuze auf dem Katalog der aufpreispflichtigen Wünsche zu machen.
So stehen dann schnell auch 150.000 Euro auf der Rechnung. Am Fahrspaß, die der Porsche 911 Carrera S in der achten Generation bietet, ändert das allerdings rein gar nichts.