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Mechaniker zieht Reifen auf

Reifenmanagement

Reifenmanagement: A-Aufgabe im Fuhrpark

Beim Reifenservice lässt sich viel Geld sparen, denn dahinter steckt mehr als nur Reifenlagerung.

von Elfriede Munsch

Wir haben sowohl mit professionellen Reifenmanagement-Anbietern als auch mit Fuhrparkverantwortlichen gesprochen. So wollten wir von den Profis wissen, was aus ihrer Sicht der größte Fehler ist, den Fuhrparkmitarbeiter beim Reifenmanagement machen können? Und wo sie Geld sparen können.

Die wohl bekannteste Gewissensfrage findet in Goethes Tragödie Faust statt, wenn Gretchen ihren Heinrich nach seiner Einstellung zur Religion befragt. Nun, die Zeiten ändern sich und damit auch die Gründe, wofür man sich rechtfertigen muss. Die „Gretchenfrage“, der sich heutige Fuhrparkmanager stellen müssen, hat daher weniger mit philosophischen Grundsatzentscheidungen als mit realen Fakten zu tun. Es geht – wie könnte es auch anders sein – um Kosten. Wie lässt sich im Fuhrpark Geld sparen? Und welche Rolle spielen Reifen dabei?

Nicht ganz überraschend offerieren natürlich die Reifenmanagement-Anbieter ihre Dienstleistungen als Möglichkeit, Kosten zu minimieren. Allerdings ist es erst einmal wichtig, „überhaupt ein Reifenmanagement-System einzusetzen. Die spezifischen Vorteile unseres Reifenmanagement-Systems sind ausgelegt auf die Tatsache, dass wir jeden Fuhrpark mit der passenden Reifen-Empfehlungen anhand unserer IT-gesteuerten Tools in Kombination bringen“, so Servicequadrat. Driver Handelssystem führt in diesem Sinne aus: „Ein fachmännisches Reifenmanagement spart dem Unternehmen viel Geld.“ Außerdem erinnert das Unternehmen an die Bedeutung des korrekten Luftdrucks für die Langlebigkeit und Zuverlässigkeit eines Reifens.

Wie sollte man vorgehen?

Also nicht einfach drauflos legen, sondern zum Beispiel mit professionellen Software-Lösungen die Reifenverwaltung angehen. Fuhrparkverantwortliche sollten aber auch das Gespräch mit den Profis suchen, um ihre individuellen Bedürfnisse darzulegen. Welche Reifen werden benötigt? Sollen es Premiumpneus sein oder darf es auch ein guter Standardreifen sein? So äußert sich Andreas Berents, Geschäftsführer Euromaster Deutschland und Österreich: „Tatsächlich bin ich überzeugt davon, dass das Reifenmanagement in der Verantwortung von Profis liegen sollte, denn so kann das Budget am stärksten geschont werden. Eine Fachberatung ist unerlässlich, denn nicht jedes Fahrzeug braucht den teuersten Reifen, und nicht jeder Reifen darf bei jedem Fahrzeug verbaut werden. Je nach Einsatz können auch Allwetterreifen zum Einsatz kommen.“

Was sollte man klären?

Des Weiteren gilt es präzise zu klären, wer bestimmt, welcher Reifen aufgezogen werden darf? Und wer kontrolliert, dass auch nur die vereinbarten und nicht teurere Pneus montiert werden? Wie soll die Rechnungsstellung aussehen, und wer überprüft die Posten? In welcher Werkstatt finden die Umrüstungen statt? Und wer beurteilt die Qualität einer Werkstatt?

Zeitmanagement hat ebenfalls Auswirkungen auf die Kosten. Die Werkstätten sollten über strukturierte Arbeitsabläufe verfügen, die genaue Terminplanungen ermöglicht, um unnötige Wartezeiten zu vermeiden. A.T.U führt dazu aus: „Durch ein proaktives Umrüsten in der Vorsaison können Fuhrparkverantwortliche viel Geld sparen. Wir bieten das Reifenmanagement mit proaktiver Terminierung an. Dadurch entstehen mehrere Vorteile, so etwa geringe Wartezeiten, Kostenvorteil durch Frühbucherangebote und erhöhte Sicherheit.“ Aber auch mobile Montage-Service-Dienstleistungen können dazu beitragen, den saisonalen Reifenwechsel entspannter zu gestalten.

Wie lässt sich der Aufwand senken?

Und wie meistern die Fuhrparkmanager vor Ort den Spagat zwischen Unternehmensanforderung und Kostenoptimierung? Christian Leimbach verwaltet bei der Kötter Unternehmensgruppe rund 1.300 Fahrzeuge, die bundesweit auf über 50 Standorte verteilt sind. Die Bandbreite reicht vom Smart bis zum 24-Tonner-Lkw, der Schwerpunkt liegt auf Pkw und Transporter.

Erfahrungen aus einer früheren Zusammenarbeit mit zwei Werkstattketten – unter anderem schlechte Reifenlogistik und damit unnötig teure Zusatzkosten für Kötter – bewogen Leimbach und sein Team, beim Reifenmanagement wieder auf Eigenverwaltung zu setzen. Jetzt informiert sich Leimbach im Vorfeld, welche Reifen für die Fahrzeuge und ihr jeweiliges Einsatzprofil am besten passen und ordert die Pneus bei einem Online-Reifengroßhändler.

Dieser liefert diese zu den Montagepartnern vor Ort. Außerdem lässt Leimbach reine Betriebsfahrzeuge - sie machen zwei Drittel des Fuhrparks aus - wenn möglich und geografisch sinnvoll auf Ganzjahresreifen rüsten. Das senkt den logistischen Aufwand, der im Zuge durch Reifenluftkontrollsysteme noch komplexer geworden ist. Dienstwagen mit Privatnutzung werden allerdings weiterhin mit Saisonreifen versehen.

Auch wenn Leimbach für diese do-it-your-self-Lösung auf die (vorhandene) Arbeitskraft von Mitarbeitern zurückgreifen muss, rechnet es sich für das Unternehmen. Rund zehn Prozent Kostenersparnis kann Kötter in diesem Bereich im Vergleich zur vorigen Vorgehensweise so verzeichnen.

Welches ist die Voraussetzung?

Für ein eigenständiges Reifenmanagement sieht auch Oliver Piepenbrink ein personell gut ausgestattetes Fuhrparkmanagement als Voraussetzung. Ohne entsprechende Personaldecke ist ein aktives Managen nicht oder nur schwer möglich. Außerdem ist ein gutes elektronisches Abrechnungssystem unbedingt erforderlich. Verfügt man allerdings nicht über genügend Mitarbeiter, sind Dienstleister eine gute Alternative. In seiner Funktion als Fleet Manager von Akzo Nobel Service GmbH in Köln setzt er auf ein Fullservice-Leasing-Angebot für seine 550 Fahrzeuge im Fuhrpark.

Ähnlich umfangreich wie von Akzo Nobel ist auch der Fuhrpark von Dimension Data aus Bad Homburg. Und die 580 Fahrzeuge werden ebenfalls von einem Fullservice-Leasing-Partner betreut. Fuhrparkmanager Robert Schwind schätzt den Service, weiß aber auch, dass er seinen Preis hat. Umso wichtiger ist für ihn, dass zwischen beiden Parteien ein gutes Vertrauensverhältnis besteht. Wenn ein Reifenhändler oder eine Werkstatt sagt, ein Reifen muss ausgetauscht werden, dann muss Schwind davon ausgehen, dass dies so richtig ist.

Ist Vertrauen gut?

Vertrauen ist zwar gut, Kontrolle aber auch nicht schlecht: Durch interne Kommunikation versucht Schwind, die Dienstwagenfahrer für leasingrelevante Themen, darunter auch das Thema Reifen, zu sensibleren. Ist es etwa nötig, kurz vor Rückgabe eines Fahrzeuges noch einmal die Reifen zu wechseln oder reicht das vorhanden Restprofil für die letzten paar Wochen?

Auch Roland Ernst von Johns Manville Europe GmbH in Weinheim vertraut bei der Betreuung des Unternehmensfuhrparks, der europaweit rund 75 Fahrzeuge umfasst, auf das Rundum-Paket von Leasingpartnern. Nur um die Termine für den Reifenwechsel müssen sich die Fahrer selbst kümmern. Für Ernst ist dies eine sehr zufriedenstellende Zusammenarbeit.

Wie hoch ist die Einsparung?

Auf eine Mischform aus Eigenmanagement und Dienstleister setzt Dieter Heinrich von Trimet Aluminium SE aus Essen. Zum einen arbeitet er mit ortsansässigen Händlern zusammen. Mit denen gibt es Verträge für die saisonalen Wechsel, und hier werden zum Beispiel die Räder für die rund 85 Fuhrparkfahrzeuge eingelagert. Allerdings hat das Unternehmen eine Kontrollinstanz dazu geholt. Die Händler müssen ihre Preise mit einem Consulting-Dienstleister abstimmen, der für das Kosten- und Schadenmanagement zuständig ist. Trotzdem sind die Dienstwagenfahrer recht flexibel. Bei einer Reifenpanne können sie jede Werkstatt anfahren, um den Schaden beheben zu lassen. Die Werkstatt muss sich nur kurz das Okay für seine Preisgestaltung beim Dienstleister einholen. Durch diese Organisationsform ergibt sich für Trimet eine Kostenersparnis von rund 15 Prozent.

Zusammengefasst lässt sich sagen, es gibt keinen allgemein gültigen Königsweg für ein optimiertes Reifenmanagement. Was für das eine Unternehmen richtig und praxistauglich ist, kann für ein anderes überhaupt nicht passen. Die Anforderungen an einen Fuhrpark sowie Mitarbeiter sind verschieden, zudem müssen Firmenphilosophien (managen lassen oder lieber aktiv selbst managen) berücksichtigt werden. Und anders als bei Gretchen und Faust sind heute absolute und alleinige Heilsversprechen nicht mehr en vogue. Fuhrparkmanager dürfen bei ihrer Kosten-Gretchenfrage sich aus vielen Angeboten das zu ihnen passende auswählen.

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