Dr. Katja Löhr-Müller
Die Technik von Kraftfahrzeugen wird immer komplexer. Fahrzeughersteller lassen sich viel einfallen, damit das Fahren sicherer wird oder einfach mehr Spaß macht. Von Fahrerassistenzsystemen über Multi Media – alles, was das Herz begehrt, wird angeboten. Dazu kommen noch die unterschiedlichsten Antriebsarten. Von Verbrennungsmotoren über Erdgasantrieb oder Hybrid bis hin zum reinen Elektrofahrzeug und noch mehr reicht die Palette.
Vorbei die Zeiten, als sich ein Fahrer einfach hinter das Steuer setzte, den Zündschlüssel ins Schloss steckte und losfuhr. Wer einen Führerschein hat, wird doch wohl auch Autofahren können und wissen, wie ein Fahrzeug zu bedienen ist - das hat früher einmal vielleicht funktioniert. Heute sind Unternehmen in ganz anderer Weise gefordert, wenn sie Mitarbeitern einen Firmenwagen überlassen.
Arbeitgeber in der Pflicht
Wer als Arbeitgeber meint, es sei die alleinige Aufgabe eines Fahrers, sich über die Funktionsweise eines Kraftfahrzeugs und den richtigen Umgang mit dem Fahrzeug im Straßenverkehr zu informieren, täuscht sich gewaltig.
Fuhrparkverantwortliche sind hier in besonderer Weise gefordert. Eine Vielzahl von Normen legt fest, welche Aufgaben und Pflichten ein Arbeitgeber wahrzunehmen hat, wenn er Arbeitnehmern einen Firmenwagen zur dienstlichen Nutzung überlässt. Denn anders als im privaten Umgang mit Fahrzeugen liegt bei der dienstlichen Nutzung die überwiegende Verantwortung für den Einsatz des Fahrzeugs beim Unternehmen.
Das Fahrzeug wird zum Arbeitsplatz
Firmenfahrzeuge sind aus Sicht des Arbeitsschutzes Betriebsmittel des Arbeitgebers. Gleichgültig ob Nutzfahrzeug oder klassischer Dienstwagen, beide Nutzungstypen stellen ein Betriebsmittel dar, welches dem Arbeitnehmer zur Verrichtung seiner Tätigkeit zur Verfügung stellt wird. Das Fahrzeug wird damit zum Arbeitsplatz. Grundlage hierfür bildet Paragraf 2 Abs. 1 Betriebssicherheitsverordnung. Danach zählen Maschinen zu den Arbeitsmitteln und damit eben auch ein Kraftfahrzeug im Rahmen der betrieblichen Nutzung. So weist der Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik in seinen Leitlinien auch immer wieder darauf hin, dass alle Fahrzeuge, die von einem Arbeitgeber bereitgestellt und von den Beschäftigten bei ihrer Tätigkeit benutzt werden, zu den Arbeitsmitteln nach der Betriebssicherheitsverordnung zählen.
Um die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit zu gewährleisten, reicht es nicht aus, nur ein sicheres Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen. Im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ist zudem die Pflicht festgeschrieben, Mitarbeiter regelmäßig zu unterweisen. So schreibt denn auch Paragraf 12 ArbSchG ausdrücklich vor, dass der Arbeitgeber die Beschäftigten über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit während ihrer Arbeitszeit ausreichend und angemessen zu unterweisen hat. Die Unterweisung umfasst dabei Anweisungen und Erläuterungen, die eigens auf den Arbeitsplatz oder den Aufgabenbereich der Beschäftigten ausgerichtet sind.
Unterweisungen sind einmal im Jahr zu wiederholen
Sie muss bei der Einstellung, bei Veränderungen im Aufgabenbereich, bei Einführung neuer Arbeitsmittel oder einer neuen Technologie vor Aufnahme der Tätigkeit der Beschäftigten erfolgen. Die Unterweisung muss an die Gefährdungsentwicklung angepasst sein und erforderlichenfalls regelmäßig wiederholt werden. Zwar schreibt der Gesetzgeber nicht vor, in welchen konkreten Abständen solche Unterweisungen zu wiederholen sind. Nach den berufsgenossenschaftlichen Bestimmungen sind Unterweisungen aber bei gleichbleibender Gefährdungslage einmal im Jahr zu wiederholen. Damit sollen die Inhalte der Unterweisung wieder in Erinnerung gerufen und aufgefrischt werden.
Gerade die Berufsgenossenschaften als gesetzliche Unfallversicherungsträger verpflichten Arbeitgeber in Paragraf 4 DGUV Vorschrift 1 ausdrücklich dazu, eine Unterweisung des Arbeitnehmers bei dem Einsatz von Firmenfahrzeugen vorzunehmen. Damit Versicherte Sicherheits- und Gesundheitsgefährdungen überhaupt erkennen und entsprechend handeln können, müssen sie auf ihre individuelle Arbeits- und Tätigkeitssituation zugeschnittene Informationen, Erläuterungen und Anweisungen erhalten. Die Unterweisung stellt hierbei ein wichtiges Instrument dar.
Nach Paragraf 35 Abs. 1 Nr. 3 DGUV Vorschrift 70 als der einschlägigen Unfallverhütungsvorschrift für Fahrzeuge wird dem Arbeitgeber aufgegeben, das selbstständige Führen von Fahrzeugen nur Mitarbeitern zu gestatten, die im Führen dieses Fahrzeugs unterwiesen worden sind. Die berufsgenossenschaftliche Bestimmung korrespondiert dabei mit Paragraf 9 Abs. 2 Betriebssicherheitsverordnung, die dem Arbeitgeber aufgibt, alle erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, damit Beschäftigte, die Arbeitsmittel benutzen, eine angemessene Unterweisung, insbesondere über die mit der Benutzung verbundenen Gefahren erhalten.
Gefährdungslagen berücksichtigen
Waren Unterweisungen bei dem Einsatz von Spezial- oder Nutzfahrzeugen schon immer üblich, gingen Arbeitgeber in der Vergangenheit regelmäßig davon aus, dass dies für Dienstwagen nicht erforderlich sei. Obwohl schon immer die Vorschriften für sämtliche Kraftfahrzeuge des Arbeitgebers galten, kommt heute dem richtigen Umgang mit dem Firmenfahrzeug und korrektem Verhalten im Straßenverkehr eine ganz besondere Bedeutung zu.
Wer etwa noch nie zuvor ein Elektrofahrzeug gesteuert hat, wird sich so hinter dem Steuer verhalten, wie er es gewohnt ist. Überlässt der Arbeitgeber aber erstmals einem Mitarbeiter ein Elektrofahrzeug, kann er nicht auf allgemeine Erfahrungswerte des Fahrers wie beim Führen von konventionellen Fahrzeugen zurückgreifen. Denn solche Fahrzeuge beschleunigen anders, sind nahezu lautlos und verfügen über eine Hochvoltanlage. Daraus ergeben sich andere Gefährdungslagen, die bei der Unterweisung zu berücksichtigen sind. Auch Fahrerassistenzsysteme wie etwa der Fahrspurhalteassistent, ein Abstandstempomat oder ein Notbremssystem erfordern einen anderen Umgang mit dem „Arbeitsmittel Fahrzeug“.
Interaktive Unterweisungshilfen auf dem Vormarsch
Es ist deshalb sinnvoll, bei einem Mitarbeiter, dem ein Fahrzeug fest zugewiesen ist, bereits mit der Fahrzeugübergabe eine ausführliche Einweisung in die Fahrzeugtechnik zu organisieren. Das kann etwa durch das ausliefernde Autohaus erfolgen. Auch Flyer mit Hinweisen zu einem bestimmten Fahrzeugtyp können hilfreich sein, wenn sich im Pool des Arbeitgebers die unterschiedlichsten Fahrzeuge befinden.
Im Rahmen der jährlichen Unterweisung können darüber hinaus unterschiedliche Schwerpunkte im Umgang mit Firmenfahrzeugen oder dem Verhalten im Straßenverkehr gesetzt werden. Von der richtigen Ladungssicherung über das Verhalten bei Unfällen bis hin zu den Gefahren bei Übermüdung oder einer Medikamenteneinnahme vor Fahrtantritt und vieles mehr bieten sich Anknüpfungen für eine Unterweisung.
Sehr hilfreich sind in diesem Zusammenhang auch E-Learning-Programme für den Einsatz von Dienstwagen. Mit Hilfe dieser meist interaktiven Unterweisungshilfen wird es dem Arbeitgeber leicht gemacht, den gesetzlichen Vorgaben zu entsprechen und Arbeitnehmer über die Gefahren bei dem Einsatz von Firmenfahrzeugen zu informieren.