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Inhaltsverzeichnis

Reisekostenrecht

Wann ist eine Fahrt eine Dienstfahrt?

Der Streit um die erste Tätigkeitsstätte hat einige Verfahren vor Finanzgerichten nach sich gezogen. Eine Übersicht.

Detlef G. A. Juhrich

Seit dem 1. April 2014 hat der Begriff der ersten Tätigkeitsstätte als ortsfeste betriebliche Einrichtung, der ein Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist, den der regelmäßigen Arbeitsstätte ersetzt. Das war keine bloße Namenskosmetik, sondern hatte auch handfeste steuerliche Auswirkungen für Dienstwagennutzer und Fuhrparkbetreiber.

Eingeschränkter Werbungskostenabzug für erste Tätigkeitsstätte

Während man nach alter Definition mehrere regelmäßige Arbeitsstätten haben konnte, deren Anfahrt nur steuerlich eingeschränkt mit der Entfernungspauschale (0,30 Euro pro Entfernungskilometer pro Tag bzw. Zuschläge nach der 0,03-Prozent-Regel bei Dienstfahrzeugen) berücksichtigt werden durfte, gibt es seither nur eine erste Tätigkeitsstätte, auf die der eingeschränkte Werbungskostenabzug zutrifft. Alle anderen Einsatzorte des Mitarbeiters, zu denen er sich von seiner Wohnung aus begibt, gelten seither als Dienstfahrt und unterliegen keinerlei steuerlichen Abzugsbeschränkungen. Bei Berufsgruppen ohne erkennbare erste Tätigkeitsstätte werden sogar alle Fahrten als Dienstfahrten eingestuft. Dies hatte natürlich auch Auswirkungen auf die Berechnung des geldwerten Vorteils aus der Dienstwagengestellung, die vielfach neu und zum Vorteil des Nutzers zu berechnen war.

Viele Entscheidungen zur steuerlichen Berücksichtigung

Wer nun aber gedacht hat, mit dieser vereinfachenden Neuregelung seien alle Streitereien mit dem Finanzamt in puncto eingeschränkte/uneingeschränkte steuerliche Berücksichtigung geklärt, hat sich geirrt. Vier Jahre nach der Neudefinition liegen inzwischen eine ganze Menge finanzgerichtlicher Entscheidungen zum Thema erste Tätigkeitsstätte vor, die zeigen, dass offenbar noch reichlich Regelungsbedarf besteht.

Mit Urteil vom 8. Juli 2016 (4 K 1836/15) hat das FG Nürnberg entschieden, dass entgegen der Ansicht der Finanzbehörde ein Bauleiter, der den betrieblichen Firmensitz nur einmal wöchentlich zur Erledigung von bloßen Hilfs- und Nebentätigkeiten aufsucht und dem nach arbeitsrechtlicher Feststellung keine erste Tätigkeitsstätte zugeordnet worden war, die Fahrten zum Firmensitz nach Dienstreisegrundsätzen geltend machen kann. Weder die Entfernungspauschale noch der Zuschlag nach der 0,03-Prozent-Regel sind anwendbar.

Entfernungspauschale statt Dienstreisevorschrift

Im Jahr 2014 frohlockten noch Piloten und Flugbegleiter, war doch entschieden worden, dass weder der Heimatflughafen noch das Flugzeug als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen seien und somit keine erste Tätigkeitsstätte gegeben sei. Die Fahrt von der Wohnung zum Flughafen konnte nach Dienstreisegrundsätzen geltend gemacht werden. Dem hat das FG Hamburg mit Urteil vom 13. Oktober 2016 (6 K 20/16), dem sich das Hessische FG mit Urteil vom 23. Februar 2017 (1 K 1824/15) angeschlossen hat, vorerst einen Riegel vorgeschoben. Nach richterlicher Erkenntnis gilt der Stationierungsflughafen als erste Tätigkeitsstätte, insbesondere wenn er auch im Arbeitsvertrag unbefristet zugewiesen wurde. Da die Einsätze hier regelmäßig begonnen und beendet werden, hat dies zur Konsequenz, dass für die Fahrten zum Dienst nur die beschränkte Entfernungspauschale und nicht die günstigere Dienstreisevorschrift anzuwenden ist.

Was gilt bei Leiharbeit oder Abordnung?

Die Problematik der Abordnung eines Mitarbeiters in einen fremden, nicht dem Arbeitgeber gehörenden Betrieb hat das FG Niedersachsen mit Urteil vom 30. November 2016 (9 K 130/16) behandelt. Ein Leiharbeiter war zunächst befristet und dann mehrfach verlängert „bis auf weiteres überlassen“ in einem Entleihbetrieb tätig. Das Finanzamt sah hierin eine erste Tätigkeitsstätte und erkannte die tägliche Fahrt zur Arbeit nur mit der Pendlerpauschale an.

Dem widersprach das Finanzgericht und sah die Formulierung „bis auf weiteres“ nicht als unbefristete Überlassung an, sondern ging davon aus, dass schon aus rechtlichen Gründen keine dauerhafte, sondern nur eine vorübergehende Überlassung denkbar sei und ließ mangels erster Tätigkeitsstätte den Kostenabzug für die Fahrt zur Arbeit nach Dienstreisegrundsätzen zu.

Wann liegt ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet vor?

Die Frage, wann ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet vorliegt, war Gegenstand der nachfolgend vorgestellten Urteile. Bei einem weiträumigen Arbeitsgebiet besteht die Besonderheit, dass die Fahrt von der Wohnung zum nächstgelegenen Zugang des Areals mit der Pendlerpauschale abgegolten ist, die Fahrt innerhalb des Reviers zum eigentlichen Einsatzort dann aber als steuerlich unbeschränkt abziehbare Dienstfahrt qualifiziert wird.

Ein Hafengebiet ist nach dem Urteil des FG Hamburg vom 30. August 2016 (2 K 218/15) so ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet. Ein dort beschäftigter Arbeitnehmer, der arbeitstypisch regelmäßig verschiedenen Einsatzorten zugeteilt wird, arbeitet hiernach nicht an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten, sondern in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet mit der Konsequenz, dass nicht die komplette Anfahrt, sondern nur die Mehrstrecke innerhalb des Hafenbereichs nach Dienstreisevorschrift berücksichtigt werden kann.

Demgegenüber hat das FG München mit Urteil vom 9. Februar 2017 (11 K 2508/16) erkannt, dass ein Flughafenareal kein weiträumiges Tätigkeitsgebiet im Sinne des Steuerrechts, sondern für den Arbeitnehmer eine erste Tätigkeitsstätte ist, da es sich hierbei um eine ortsfeste betriebliche Einrichtung handelt. Die Konsequenz aus dem Richterspruch: Die Fahrtkosten können nicht nach Dienstreisegrundsätzen, sondern nur mit der Entfernungspauschale berücksichtigt werden.

Viele offene Fragen in Sachen Reisekostenrecht

Die Auflistung zeigt, dass es auch nach Einführung des neuen Reisekostenrechts noch zahlreiche offene Fragen gibt, die zu klären sind. Gegen alle hier vorgestellten Finanzgerichtsurteile ist Revision vor dem BFH angängig. Schlussendlich ist somit noch nichts entschieden.

Fuhrparkbetreiber und Dienstwagennutzer müssen bis zu einer abschließenden Würdigung der Problemfälle durch den BFH in abgabenrechtlicher Ungewissheit leben. Sie befinden sich bei ihrer Entscheidung, ob der Einsatzort des Mitarbeiters als erste Tätigkeitsstätte anzusehen und der geldwerte Vorteil um einen Zuschlag nach der 0,03-Prozent-Regel zu erhöhen ist, in ähnlich kniffliger Lage wie in den vorgestellten Urteilen geschildert. Gleiches gilt für die Frage, ob die Entfernungspauschale oder die Dienstreisegrundsätze greifen.  

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