Foto: © 2/Andersen Ross/Ocean - Corbis. All Rights Reserved.
Teenage girl (14-16) sitting in car with driving instructor --- Image by © 2/Andersen Ross/Ocean/Corbis

Inhaltsverzeichnis

Mehrwertsteuer

Zweifel an der Umsatzsteuerpflicht von Fahrschulen

Der BFH zweifelt an der Umsatzsteuerpflicht für die Erteilung von Fahrunterricht für die Fahrerlaubnisklassen B und C1. Worauf muss man achten?

Detlef Juhrich

Nach nationalem Recht sind Fahrschulleistungen zur Erlangung der Fahrerlaubnisklassen B (Pkw-Führerschein) und C1 umsatzsteuerpflichtig, da Fahrschulen nicht als allgemein- oder berufsbildende Schulen angesehen werden. Eine Ausnahme bilden die Schulungsleistungen zum Erwerb von Lkw- oder Busführerscheinen (Fahrerlaubnisklassen C, CE, D, DE, D1, D1E, T und L), da diese Leistungen nach Auffassung der Finanzverwaltung in der Regel der Berufsausbildung dienen und daher nach Paragraf 4 Nr. 21 Buchstabe a, Doppelbuchstabe bb UStG eine Umsatzsteuerbefreiung genießen.

Mit diesem Zweiklassensystem könnte nun Schluss sein. Grund hierfür bietet die europäische Umsatzsteuersystemrichtlinie. Hiernach ist Unterricht, den anerkannte Einrichtungen oder Privatlehrer erteilen, von der Umsatzsteuer zu befreien (Art, 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL). Soweit das nationale Recht eine Steuerfreiheit der Mehrwertsteuersystemrichtlinie nur unzureichend umsetzt, besteht die Möglichkeit sich auf das günstigere Unionsrecht zu berufen. Davon wurde in diesem Fall Gebrauch gemacht.

Rückfragen beim EuGH

Der BFH hatte vorab den Unterrichtscharakter einer Fahrschulleistung eindeutig bejaht. Auch wurde festgestellt, dass Voraussetzung für die Erteilung von Fahrschulunterricht das Ablegen einer Fahrlehrerprüfung nach Paragraf 4 des Gesetzes über das Fahrlehrerwesen ist. Darüber hinaus könnte auch eine Umsatzsteuerbefreiung als Privatlehrer in Frage kommen. Weiter wollten sich Deutschlands höchste Steuerrichter aber nicht aus dem Fenster lehnen und legten dem Europäischen Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:

  • Umfasst der Begriff des Schul-und Hochschulunterrichts in Art. 132 Abs. 1 Buchst. I und j MwStSystRL den Fahrschulunterricht zum Erwerb der Fahrerlaubnisklassen B und C1?

  • Kann sich die Anerkennung der Klägerin als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung im Sinne von Artikel 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSsytRL aus den gesetzlichen Regelungen über die Fahrlehrerprüfung und die Erteilung der Fahrlehr- und der Fahrschulerlaubnis im Gesetz über das Fahrlehrerwesen vom 25. August 1969 (BGBl. I 1969, 1336), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 28. November 2016 (BGBl. I 2016, 2722, FahrlG) und dem Gemeinwohlinteresse an der Ausbildung von Fahrschülern zu sicheren, verantwortungsvollen und umweltbewussten Verkehrsteilnehmern ergeben?

  • Setzt der Begriff des „Privatlehrers“ in Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MeStSystRL voraus, dass es sich bei dem Steuerpflichtigen um einen Einzelunternehmer handelt?

  • Wird ein Unterrichtender immer dann bereits als „Privatlehrer“ im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MWStSystRL tätig, wenn er für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handelt oder sind an das Merkmal „Privatlehrer“ weiter Anforderungen zu stellen?

Was bedeutet das für die über 10.000 bundesdeutschen Fahrschulbetreiber?

Zunächst heißt es, die Umsatzsteuerfestsetzungen für eine Korrektur offen zu halten. In der Umsatzsteuer besteht die Besonderheit, dass auf die eingereichte Erklärung gewöhnlich keine Bescheiderteilung erfolgt, allenfalls eine Abrechnung.

Zu unterscheiden ist hier zwischen formeller und materieller Bestandskraft. Formelle Bestandskraft tritt ein, wenn ein Bescheid nicht mehr mittels Einspruch angefochten werden kann. Mangels Bescheidung beginnt in der Umsatzsteuer die Monatsfrist mit Abgabe der Erklärung, so dass ein fristgerechter Einspruch innerhalb eines Monats ab Abgabe der Erklärung einzulegen ist, was vielfach sicherlich nicht geschehen ist.

Demgegenüber tritt die materille Bestandskraft erst mit der Unanfechtbarkeit (Festsetzungsverjährung) ein. Da die Umsatzsteuerfestsetzung grundsätzlich unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß Paragraf 164 AO steht, ist vielfach eine Korrektur innerhalb der vierjährigen Festsetzungsverjährung noch möglich. Nur unanfechtbare Steuerfestsetzungen (Erklärungen vor 2014) können nicht mehr geändert werden.

Problem Mehrwertsteuer

Sofern der Fahrschulbetrieb allerdings die Mehrwertsteuer auf Rechnungen gegenüber seinen Kunden offen ausgewiesen hat, schuldet er diese auch bei Bejahung der Steuerfreiheit durch den EuGH gegenüber dem Finanzamt. Es besteht jedoch die Möglichkeit der Rechnungskorrektur gegenüber den Kunden. Eine Rechnungskorrektur ist möglich, bei einer Rückrechnung von vier Jahren. Sie ist allerdings zeitaufwändig, und es würde sich ein Erstattungsanspruch gegenüber den Fahrschülern ergeben, was einem Nullsummenspiel gleichkäme. Als aktuelle Handlungsempfehlung kann Fahrschulbetrieben geraten werden, auf Preislisten, Rechnungen oder Quittungen keinen Umsatzsteuerausweis mehr vorzunehmen, so dass zumindest für die aktuellen Fahrschulgebühren bei positiver EuGH Entscheidung eine Berechtigung der Umsatzsteuer nachteilsfrei möglich wäre.

Vorsicht ist geboten

Für aktuelle Umsatzsteuervoranmeldungen kann ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt werden. Dies ist bei ernstlichem Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Steuerbescheides möglich, was bei einer Vorlage an den EuGH im Regelfall bejaht wird. Aber hier ist Vorsicht geboten. Kommt es zu einem abschlägigen Urteil durch den EuGH, werden die ausgesetzten Steuern zuzüglich Verzinsung fällig.

Im Gegenzug hätte die Fahrschule bei positiver EuGH-Entscheidung auf jeden Fall die gezogene Vorsteuer, insbesondere aus der Anschaffung von Fahrschulfahrzeugen nach Paragraf 15 a UStG zu berichtigen und anteilig an das Finanzamt zurückzuzahlen, da die Aufwendungen dann mit den Vorsteuerabzug ausschließenden umsatzsteuerfreien Einnahmen in Zusammenhang stehen. Der Berichtigungszeitraum beträgt fünf Jahre, so dass die Vorsteuer auch aus Investitionen in den Fahrschulfuhrpark der letzten Jahre anteilig wieder zu berichtigen wäre. Ein mühseliges Verfahren.

Unter dem Strich könnte sich daher ein erfolgreiches Verfahren vor dem EuGH für manche Fahrschule als Pyrrhussieg entpuppen mit viel Berichtigungspotential aber ohne pekuniäres Ergebnis für die Vergangenheit.

Cross-Border-Leasing

Was beim grenzüberschreitenden Leasing zu beachten ist

Ertrags- und umsatzsteuerliche Behandlung von internationalen Leasinggeschäften können voneinander abweichen. Steuerexperten raten zu Vorsicht.

    • Steuern, Leasing

Fuhrparkverwaltung

LapID-Service behält Führerscheinklasse im Auge

LapID bietet eine systematische Überwachung der Fahrerlaubnisklassen. So können Kunden überprüfen, ob eigene Fahrer die notwendige Führerscheinklasse erfüllen.

    • Führerscheinkontrolle, Software

Vorsicht bei der Führerscheinkontrolle

Rückwirkend geändert

Als ob es mit den Fahrerlaubnisklassen für Führerscheininhaber nicht schon kompliziert genug wäre. Schon wieder wurde die Fahrerlaubnisverordnung vom Gesetzgeber geändert. Und die hat es in sich, wie unsere Expertin Dr. Katja Löhr-Müller ausführt.

AdobeStock_373396104.jpeg

Dienstwagennutzung

Führerscheinkontrolle: Neue Schlüsselzahl im Führerschein

Die Führerscheinkontrolle ist weit mehr als nur das Überprüfen, ob ein Ausweises vorgelegt werden kann. Wichtig für Fuhrparkmanager ist zu wissen, für welche Fahrzeuge der Mitarbeiter eine Fahrerlaubnis besitzt. Das erläutern die Fahrerlaubnisklassen und die Schlüsselzahlen im Führerschein. Wissen Sie was B 197 im Führerschein bedeutet?

    • Dienstwagennutzung, eHUB, Elektro-Antrieb, Fahrerlaubnisrecht, Firmenwagenwissen, Führerscheinkontrolle, Fuhrparkmanagement, Fuhrparkwissen, Recht

Tipps & News rund um Fuhrparkmanagement und betriebliche Mobilität:der fuhrpark.de-Newsletter

Abonnieren Sie jetzt den kostenlosen fuhrpark.de-Newsletter!