Von Matthias Engel
Sie sind in aller Munde: die ESG-Regeln und die CSRD-Berichtspflichten. Den allgemeinen Rahmen der Vorgaben stellten wir bereits im letzten Herbst auf fuhrpark.de und in der bfp-Ausgabe 9/2023 dar. Ein Thema, das auch die bfp-Leserschaft betrifft – weshalb wir an dieser Stelle tiefer in die Details der CSRD-Berichtspflichten gehen möchten. Bevor wir das tun, lassen Sie uns aber zunächst einige Hintergründe und zentrale Punkte der CSRD-Regulatorien wiederholen.
CSRD-Berichtspflichten: Die Hintergründe
Die CSRD-Berichtspflichten resultieren aus den ESG-Regeln, wobei die drei Buchstaben die drei nachhaltigkeitsbezogenen Verantwortungsbereiche von Unternehmen beschreiben:
- Hinter dem „E“ wie Environment (Umwelt) verbergen sich zum Beispiel die Themenbereiche Treibhausgasemissionen, Umweltverschmutzung und -gefährdung oder auch die Energieeffizienz.
- Das „S“ steht für Social (Sozial) und umfasst Aspekte wie das Diversity Management, das gesellschaftliche Engagement (Corporate Social Responsibility), die Arbeitssicherheit oder auch den Gesundheitsschutz.
- Schließlich kann das „G“ für Governance (Führung) als nachhaltige Unternehmensführung verstanden werden. Darunter fallen beispielsweise Themen wie Steuerungs- und Kontrollprozesse (Corporate Governance) oder Unternehmenswerte.
All das sind Themen, aus denen sich wie gesagt der Rahmen für die CSRD-Berichtspflichten ergibt. Die Abkürzung CSRD steht dabei für Corporate Sustainability Reporting Directive, was sich am besten als Richtlinie zur unternehmerischen Nachhaltigkeitsberichterstattung übersetzen lässt. Wann und für wen aber gilt die Richtlinie?
- Seit dem 1. Januar 2024 gilt die CSRD-Richtlinie für alle Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, einer Bilanzsumme von mehr als 20 Millionen Euro und Nettoerlösen von mehr als 40 Millionen Euro.
- Ab dem 1. Januar 2025 sinkt die Grenze bei der Mitarbeiterzahl auf über 250, alle anderen Merkmale bleiben unverändert.
- Ab dem 1. Januar 2026 ändert sich dies erneut: Dann gilt die CSRD-Richtlinie für alle Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, einer Bilanzsumme von mehr als 350.000 Euro oder einem Nettoumsatz von mehr als 700.000 Euro.
Wie aus dem Zeitplan ersichtlich ist, bestehen in diesem Fall auch Zusammenhänge mit der Non-Financial Reporting Directe (kurz NFRD), die bereits in Kraft getreten ist.
Das Ziel von CSRD-Berichten
CSRD-Berichte sollen dazu beitragen, Nachhaltigkeitsfaktoren mit Hilfe von ESG-Kriterien in Investitions- und Finanzierungsentscheidungen einzubeziehen. Damit einhergehend sollen Ziele und Maßnahmen zur Erhöhung der Transparenz, Vergleichbarkeit und Qualität der Nachhaltigkeitsberichterstattung definiert werden. Die EU-Taxonomie – ein einheitliches Klassifizierungssystem für wirtschaftliche Aktivitäten – verfolgt in diesem Zusammenhang Ziele, die als nachhaltig (green) eingestuft werden.
Bei diesen Zielen handelt es sich im Einzelnen um
- den Klimaschutz
- die Anpassung an den Klimawandel
- die nachhaltige Nutzung und den Schutz der Wasser-/Meeresressourcen
- den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
- die Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sowie
- den Schutz und die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme.
Eine wirtschaftliche Tätigkeit gilt unter dieser Maßgabe dann als nachhaltig, wenn sie zu mindestens einem der oben genannten sechs Ziele einen wesentlichen Beitrag leistet und gleichzeitig keines der anderen Ziele verletzt.
CSRD-Berichte: Inhaltliche Anforderungen
Dabei müssen die CSRD-Berichte bestimmten inhaltlichen Anforderungskriterien entsprechen. Gemäß Artikel 19a der CSRD-Direktive sind alle Informationen zu den Auswirkungen des Unternehmens auf die Nachhaltigkeit und zu den Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf das Unternehmen offen zu legen. Diese Informationen müssen innerhalb des Lageberichts durch einen speziellen Abschnitt eindeutig identifizierbar sein.
Laut Artikel 19a müssen dabei folgende Informationen im Berichte enthalten sein:
- Eine kurze Beschreibung des Geschäftsmodells und der Strategie des Unternehmens, einschließlich der Widerstandsfähigkeit gegenüber Nachhaltigkeitsrisiken.
- Die Chancen durch Nachhaltigkeit.
- Pläne des Unternehmens für den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und Klimaneutralität bis 2050.
- Die Umsetzung der Strategie in Bezug auf Nachhaltigkeitsfragen.
- Zeitgebundene Ziele für die Verringerung der Treibhausgasemissionen.
- Die Rolle der Verwaltungs-, Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane in Bezug auf Nachhaltigkeitsfrage.
- Die Nachhaltigkeitspolitik des Unternehmens.
- Anreizsysteme zum Thema Nachhaltigkeit für Mitglieder der Verwaltungs-, Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane.
- Sorgfaltsprüfungsverfahren in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte.
- Tatsächliche oder potenzielle nachteilige Auswirkungen im Zusammenhang mit der eigenen Geschäftstätigkeit des Unternehmens und seiner Wertschöpfungskette.
- Maßnahmen zur Verhinderung oder Behebung dieser Auswirkungen.
- Die Hauptrisiken im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten und relevante Indikatoren.
Die Unternehmen berichten außerdem über das Verfahren zur Ermittlung dieser Informationen und müssen kurz-, mittel- und langfristige Zeithorizonte berücksichtigen. Gegebenenfalls enthalten die Informationen auch Angaben über die eigenen Tätigkeiten des Unternehmens und seine Wertschöpfungskette. Wenn nicht alle erforderlichen Informationen über die Wertschöpfungskette vorliegen, muss das Unternehmen seine dahingehenden Anstrengungen darlegen, die Gründe für fehlende Informationen erläutern und Pläne zur Einholung dieser Informationen in Zukunft erläutern.
Die formalen Anforderungen an den CSRD-Bericht
Mit Blick auf die CSRD-Berichterstattung ergeben sich aber nicht nur inhaltliche, sondern auch formale Anforderungen. So wird im Lagebericht ein Abschnitt „Nachhaltigkeitserklärung gemäß CSRD“ erforderlich. Beim Lagebericht handelt es sich laut Handelsgesetzbuch (HGB) um einen eigenständigen Bestandteil der Rechnungslegung, der gleichzeitig mit dem Jahresabschluss anzufertigen ist. Er soll einen Gesamtüberblick über das Unternehmen geben. Das tut er, indem er auf den Geschäftsverlauf, das Geschäftsergebnis und die Lage der Gesellschaft eingeht. Außerdem betrachtet er die Zukunftsaussichten in Form von Prognosen und analysiert und kommentiert Chancen und Risiken.
Konkret muss die Veröffentlichung in einem Maschinenlesbaren Format erfolgen, also der Extensible Business Reporting Language (kurz XBRL). XBRL ist eine auf XML basierende Sprache, mit der elektronische Dokumente im Bereich der Finanzberichterstattung erstellt werden. Insbesondere werden Jahresabschlüsse in dieser Sprache generiert.
Interne Verantwortlichkeiten für CSRD-Berichte
Die Erstellung der CSRD-Berichte kann selbstverständlich nicht die Aufgabe einer einzelnen Person oder eines einzelnen Unternehmensbereichs sein. Auch wenn es klare Verantwortlichkeiten bei der Erstellung bedarf, betrifft die Direktive doch viele Unternehmensteile: Denn das ESG- beziehungsweise CSRD-Reporting ist kein Einzelsport, sondern erfordert anspruchsvolles Teamwork.
Dabei sollte das Thema Nachhaltigkeit immer Chefsache sein, weshalb Unternehmensstrategie und Geschäftsmodell im Zuge der Berichterstattung auf den Prüfstand gehören. Es ist auch Aufgabe der Unternehmensführung zu klären, ob die notwendigen Ressourcen für die Berichterstattung im Unternehmen vorhanden sind oder ob externe Unterstützung benötigt wird.
Besonders wichtig: Die ESG-Regelungen und CSRD-Berichte sind integraler Bestandteil eines ganzheitlichen Ansatzes der Unternehmenskommunikation. Wobei die angestrebte Transparenz niemals als Selbstläufer selbstverständlich sein kann, sondern aktiv gestaltet werden muss.
Die Rolle der Fuhrpark- und Mobilitätsverantwortlichen
Dazu ein kurzer Exkurs: Grundlage auch für die Erstellung der CSRD-Berichte sind (auch) Daten, die im Zuge des sogenannten Enterprise Resource Plannings (ERP) entstehen. ERP bezeichnet die unternehmerische Aufgabe, Personal, Ressourcen, Kapital, Betriebsmittel, Material sowie Informations- und Kommunikationsinstrumente im Sinne des Unternehmenszwecks zeit- und bedarfsgerecht zu planen, zu steuern und zu verwalten. Damit soll ein effizienter betrieblicher Wertschöpfungsprozess und eine kontinuierlich optimierte Steuerung der unternehmerischen und betrieblichen Prozesse sichergestellt werden. Eine Kernfunktion von ERP in produzierenden Unternehmen ist die Materialbedarfsplanung, die sicherstellen muss, dass alle für die Herstellung der Produkte und Komponenten benötigten Materialien am richtigen Ort, zur richtigen Zeit und in der richtigen Menge zur Verfügung stehen.
All das mündet idealerweise in ein definiertes Kennzahlensystem, das natürlich eine entsprechende Datenpflege voraussetzt und die Berechnung komplexer Kennzahlen – auch der CO2-Emissionen – ermöglicht. Das Umweltmanagement kann diese Kennzahlen dann aufbereiten – im Hinblick auf die Visualisierung sowie Konsolidierung der Nachhaltigkeitsdaten, auf deren Statusverfolgung und zum Zwecke des Ziel- und Maßnahmenmanagements. Denn dieses Vorgehen ermöglicht natürlich auch den Abgleich der praktisch erzielten Nachhaltigkeits-Kennzahlen mit den Regelwerken. Womit sich erste Zwischenberichte sowie Übersichten erstellen lassen. Sie wiederum dienen als Basis für die nächsten Schritte der Berichterstellung und -veröffentlichung.
Ein komplexes Gemengelage also, aus dem sich auch die Konsequenzen für Fuhrparkverantwortliche individuell ableiten lassen, wenn es um die Erstellung der CSRD-Berichte geht. Denn wie gesagt: Dass auch fuhrparkrelevante Daten im ERP eine Rolle spielen, ist unbestritten.
Prüfung der CSRD-Berichte
Was auch Fuhrparkverantwortliche bei der Datenerhebung – Stichwort Qualität – immer im Hinterkopf behalten sollten: Die neue CSRD-Richtlinie der EU umfasst erstmals eine verpflichtende externe Prüfung von Nachhaltigkeitsinformationen.
- Die Nachhaltigkeitsinformationen sind im Rahmen der Prüfung durch entsprechende Nachweise zu belegen, die je nach Prüfungsgrad variieren. Verschiedene Prüfungshandlungen führen zum angestrebten Ergebnis. Dazu zählen unter anderem
- Interviews mit Fachverantwortlichen wie Fuhrpark- und Mobilitätsverantwortlichen zur Erlangung eines Verständnisses über Konzepte und Prozesse
- die kritische Würdigung der Wesentlichkeitsanalyse
- die Überprüfung der Konformität mit angewandten Rahmenwerken
- die stichprobenartige Beobachtung und Einsichtnahme in Detailunterlagen oder die analytische Überprüfung nichtfinanzieller Leistungsindikatoren sowie
- gegebenenfalls Begehungen vor Ort, wozu zum Beispiel die Besichtigung des Fuhrparks in Hinblick auf die Antriebsarten.
Der Prüfungsbericht enthält im Anschluss das Urteil des Abschlussprüfers über die dargestellten Nachhaltigkeitsinformationen nach Durchführung der entsprechenden Prüfungshandlungen. Prüfungen können mit begrenzter Sicherheit (Limited Assurance) oder hinreichender Sicherheit (Reasonable Assurance) durchgeführt werden und unterscheiden sich in ihrer Tiefe. Mittelfristig ist eine Ausweitung des Prüfungsumfangs und der -tiefe hin zu einer Prüfung mit hinreichender Sicherheit vorgesehen.
Der Unterschied der beiden Prüfungsarten? Eine Prüfung mit begrenzter Sicherheit ist weniger umfangreich und weniger tiefgreifend als eine Prüfung mit hinreichender Sicherheit. Ihr Ziel ist es, ausreichende Nachweise zu sammeln, um die Glaubwürdigkeit und Plausibilität des Sachverhalts unter den gegebenen Umständen festzustellen, insbesondere bei erhöhtem Risiko falscher Darstellungen aufgrund von Berichterstattungsprozessen und Risikobeurteilungen.
Bei einer Prüfung mit begrenzter Sicherheit wird im Prüfungsbericht negativ formuliert, dass „keine Kenntnisse darüber erlangt wurden, dass die Informationen nicht in allen wesentlichen Belangen in Übereinstimmung mit den angewendeten Kriterien aufgestellt wurden“. Im Gegensatz dazu sieht eine Prüfung mit hinreichender Sicherheit vor, ausreichende Nachweise zu sammeln, um sicherzustellen, dass der Prüfungsgegenstand in allen wesentlichen Belangen mit den angewendeten Kriterien übereinstimmt (Positivaussage). Dafür werden beispielsweise Kontrollen im Rahmen des Berichterstattungsprozesses erhoben und hinsichtlich ihrer Wirksamkeit beurteilt sowie eigenständige Erhebungen oder vor Ort Begehungen in erhöhtem Umfang durchgeführt.
Fazit CSRD-Berichte
Mit den neuen CSRD-Richtlinien tritt zunächst für Berichte ab dem Geschäftsjahr 2023 eine verpflichtende Prüfung mit begrenzter Sicherheit in Kraft. Mittelfristig wird eine Prüfung mit hinreichender Sicherheit eingeführt, die einen umfassenderen Prüfungsumfang erfordert und eine erhöhte Verlässlichkeit für die Nutzer der Nachhaltigkeitsinformationen schafft. Mit Blick auf die Praxis erscheint es zielführend, sich auch als Fuhrpark- und Mobilitätsverantwortlicher frühzeitig auf die neuen Anforderungen einzustellen. Denn eines ist sicher: Angesichts der zu erwartenden Ausweitung der betroffenen Zielgruppe und der Fokussierung auf CO2-Reduktionsziele wird der Fuhrpark im Hinblick auf eine mögliche Elektrifizierung sicherlich eine wichtige Rolle spielen.
Im Detail: Politische Vorgaben zur CSRD-Berichterstattung
Die Europäische Kommission hat am 31. Juli 2023 in Brüssel die „Delegierte Verordnung (EU) der Kommission zur Ergänzung der Richtlinie „2013/34 EU“ des Europäischen Parlaments und des Rates durch Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung“ in einem 14-seitigen Dokument vorgelegt. Auf ihrer Website veröffentlicht die Europäische Kommission auch die detaillierten ESRS-Dokumente – ESRS steht übersetzt für „Europäische Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung“. Im unteren Bereich des folgenden Links finden sich die deutschsprachigen Dokumente zum Download, unter anderem das 282-seitige PDF-Dokument mit den ESRS-Regelungen.
Und hier geht’s zu den Details: svg.to/esrs
Herausforderung CSRD – Kostenloses Seminar der bfp AKADEMIE
Sie wollen mehr erfahren zu den Auswirkungen des CSRD-Reportings auf das Fuhrpark- und Mobilitätsmanagement? Dann besuchen Sie das gemeinsame Seminar der IHK Hannover und der bfp AKADEMIE, das sich mit allen Aspekten der Mobilitätsnachhaltigkeit im Unternehmen beschäftigt. Und das sind die Themenblöcke des Seminars, das die Fuhrpark- und Mobilitätsexperten Christiane und Matthias Engel von Carextern inhaltlich umsetzen:
- CSRD und Auswirkungen auf das Fuhrparkmanagement
- E-Mobilität – Fluch oder Segen?
- Die neue betriebliche Mobilität – Erste Auswirkungen auf die Unternehmen
Wann? 5. März 2024, 10 bis 15 Uhr
Wo? IHK Hannover, Bischofsholer Damm 91, 30173 Hannover
Anmeldung unter: svg.to/csrd-seminar-2024
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