Alternative Mobilitätslösungen sind sein Geschäft: Andreas Reichert im Interview mit Chefredakteur Clemens Noll-Velten.
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Alternative Mobilitätslösungen sind sein Geschäft: Andreas Reichert im Interview mit Chefredakteur Clemens Noll-Velten.

Inhaltsverzeichnis

Interview

„Mitarbeitern mehr Eigenverantwortung übergeben“

Mobilitätsbudgets werden immer beliebter. Wir sprachen mit Mobiko-Geschäftsführer Andreas Reichert über Nutzen und Kosten von Mobilitätsbudgets für ein Unternehmen. Für ihn ist klar: Auch „Mobilitätsvermeidung“ kann Teil einer betrieblichen Mobilitätsstrategie sein.

Von B wie „Belmoto“ und „Bonvoyo“ bis hin zu X wie „Xximo“: Mittlerweile gibt es zahlreiche Anbieter für Mobilitätsbudgets am Markt. Was sind denn die Unterschiede von Mobiko im Vergleich zum Wettbewerb?

Andreas Reichert: Ein Mobilitätsbudget – das sorgt auch für ein bisschen Verwirrung am Markt – ist nicht gleich Mobilitätsbudget. Es gibt einige Anbieter, die beschäftigen sich sehr stark mit dem ganzen Thema „routen, suchen, buchen“. Das heißt, sie bieten beispielsweise einen In-App-Zugang zu bestimmten Anbietern und haben dafür eine bestimmte Anbieterauswahl. Dieses Prinzip ist naturgemäß begrenzt, weil der Kunde natürlich nicht alles, was es gibt, suchen und buchen kann – sonst bräuchte ich als Mobilitätsdienstleister Tausende von Schnittstellen weltweit. Und dann gibt es solche Anbieter wie wir, die sich stark mit dem Thema Abrechnung und Reporting beschäftigen. Das heißt: Im Prinzip kann bei uns jede Mobilitätsdienstleistung genutzt und der Beleg eingereicht werden. Uns geht es stark darum, die betriebliche Mobilität erst einmal transparent zu machen. Welche Fortbewegungsmittel werden denn überhaupt genutzt? Damit haben wir zwei Bereiche, die viel Aufwand verursachen und zu ihrer steueroptimalen Abwicklung einige Expertise erfordern. Und genau in diesen Bereichen liegt der große Mehrwert des Mobiko-Mobilitätsbudgets.

Wie hoch ist denn der Aufwand mit den Rechnungen?

Reichert: Bei einem mittelgroßen Mobilitätsbudget sind es durchschnittlich etwa fünf und 6sechs Belege pro Mitarbeiter, die monatlich eingereicht werden. Um das ordnungsgemäß zu verwalten, braucht ein Unternehmen jemanden in der Lohnbuchhaltung, der diese Belege entgegennimmt, einscannt, archiviert, zuordnet und in die richtigen Lohnarten einsortiert. Gerade bei Letzterem wird es dann knifflig, da wir in Deutschland mittlerweile 9 verschiedene Steuertöpfe haben. Diese müssten dann – je nach Anwendungsfall und Mobilitätstyp – richtig zugeordnet und über das Gehalt monatlich variierend erstattet werden. Das beginnt bei der Incentivierung des Gesetzgebers für nachhaltige Mobilität wie den ÖPNV – etwa das so genannte „Jobticket“ –, aber auch den Zug-Nah- und -Fernverkehr und geht hin bis zur Pauschale für die private Brotbox oder, bei Dienstwagen, die Pauschalen für die Elektro- und Hybridfahrzeuge. Da ist es naheliegend, zu sagen: Wir suchen uns einen Anbieter, der das sinnvoll einstellt und konfiguriert, damit Mitarbeiter das sofort in der richtigen Lohnart erstattet bekommen.

Mobiko ist heute einer der größten Anbieter für Mobilitätsbudget-Lösungen. Wie ging es los?

Reichert: Gestartet ist Mobiko primär als Benefit-Anbieter für dienstleistungsorientierte Unternehmen im urbanen Raum: Für Unternehmen, bei denen der klassische Dienstwagen als Benefit nicht mehr zwangsläufig adäquat ist, weil es viel Stau gibt, Parkplätze teuer sind und man alternativen Fortbewegungsmitteln teilweise besser vorankommt. Mittlerweile sind wir aber sehr viel größer geworden – sowohl im Umfang als auch in unserer Vision. Mittlerweile haben wir uns vom klassischen Benefit in eine Mobilitätsplattform gewandelt, auf der ich sämtliche Mobilitätsangebote meines Unternehmens transparent machen kann. Die ursprüngliche Idee ist damals bei der Audi Business Innovation entstanden, das war 2017. Und 2019 sind dann Nicola Büsse und ich eingestiegen – sozusagen als Gründer in der zweiten Instanz. Wir beide erkannten das riesige Potenzial der betrieblichen Mobilitätswende – Stichwort: „vom Fuhrparkmanagement hin zum Mobilitätsmanagement“ – und sind damit jetzt drei Jahre sehr erfolgreich am Markt.

Was ist der Hauptmehrwert, den Sie Ihren Kunden bieten?

Reichert: Wir bieten viele Mehrwerte für Unternehmen – aber einen Hauptmehrwert bieten wir vor allem auf der Abrechnungsseite. Mittlerweile sind auch das Jobrad und der Gesamtfuhrpark eines Unternehmens erfassbar. Dadurch können Unternehmen relativ einfach ihre gesamten Mobilitätsemissionen erfassen. Und das wird natürlich immer spannender – gerade vor dem Hintergrund der neuen Reportingpflichten für Unternehmen, wobei seit 2023 eben auch die Pendlermobilität, Geschäftsreisen und der eigene Fuhrpark reportet werden müssen. Das lässt sich mit Mobiko einfach, rechtssicher, übersichtlich und zentral – alles auf einer Plattform – erledigen. Somit bieten wir zwei Hauptmehrwerte: Zum einen die Beleg- und Rechnungszuordnung und die steueroptimale Erstattung über den Gehaltszettel und zum anderen die Verwaltung, Analyse und Evaluation des betrieblichen Mobilitätsangebots.

Was zahlt ein Unternehmen dafür?

Reichert: Das ist unterschiedlich – im Prinzip je nach individueller Anforderung zwischen aktuell 1,80 Euro und 12,90 Euro pro Nutzer pro Monat. Das hängt in erster Linie vom Umfang des Mobilitätsangebots ab, aber auch von den Zusatzleistungen, die wir noch anbieten – wie etwa Belegprüfung oder Evaluations- und Reporting-Möglichkeiten.

Mal ganz grundsätzlich gefragt: Worin besteht der Sinn eines Mobilitätsbudgets?

Reichert: Einer der Hauptpunkte ist, dass ein Mobilitätsbudget den Mitarbeitern die Verantwortung und die Freiheit gibt, zu entscheiden: „Will ich den Betrag überhaupt für einen Dienstwagen verwenden? Oder würde mir auch Jobrad oder ein Auto-Abo reichen, wodurch ich dann im Sommer mal für drei Monate einen Van buchen kann, um mit der Familie Urlaub zu machen? Vielleicht reicht statt der Oberklassen-Limousine auch ein kleineres Auto, um zur Arbeit zu fahren, etwa ein Elektroauto? Über die Budgetierung lässt sich somit die betriebliche Mobilität bedarfsgerechter und situativer gestalten. Das ging vorher nicht, weil die klassischen Mobilitätsangebote als Benefits – beispielsweise ein Firmenwagen im Listenpreis von XY – ziemlich starr und unflexibel sind: sie können genutzt werden können oder eben nicht. Zusammenfassend kann man sagen: a) bedarfsgerechte Flexibilisierung der Mobilität, b) die Verantwortung zurück in die Hände der Mitarbeiter geben und c) gleichzeitig Anreize schaffen für nachhaltige Mobilität – das sind die drei wesentlichen Aufgaben eines Mobilitätsbudgets.

Worauf sollten Unternehmen achten, die ein Mobilitätsbudget einführen wollen: Haben Sie Tipps dafür?

Reichert: Zunächst ist es wichtig, die Ziele zu definieren, die mit der Einführung eines Mobilitätsbudgets erreicht werden sollen: Wollen wir damit mehr Transparenz über das Mobilitätsverhalten im Unternehmen gewinnen, eine Kostenreduktion im Fuhrpark erzielen, unsere CO2-Emissionen senken oder die Arbeitgeberattraktivität steigern? Diese Fragen sollte man sich als Unternehmen im Vorfeld stellen und beantworten. Denn die technische Einführung – etwa die Anbindung an die Lohnbuchhaltung – geht relativ schnell und dauert nicht länger als ein bis zwei Tage. Aber die Erwartungshaltung seitens der Mitarbeiter und des Managements soll bis dahin geklärt sein: Denn erst, wenn man die Ziele kennt, kann man auch geeignete KPI´s festlegen.

Immer mehr Unternehmen erkennen selbst die Notwendigkeit eines Wandels in der betrieblichen Mobilität?

Reichert: Ja, das ist richtig. Immer öfter geht es auch um das Thema Mobilitätsvermeidung als Teil der Mobilitätsstrategie. Während der Corona-Krise hat sich bereits das Mobilitätsverhalten unserer Nutzer drastisch geändert – beispielsweise wurde der ÖPNV weniger, dafür aber Sharing-Angebote stärker genutzt. Bei Mobiko hatten wir auch eine spezielle Kategorie „Corona Care“ eingeführt, um der Mobilitätsvermeidung gerecht zu werden und auch zu incentivieren, zuhause zu bleiben. Denn wenn man über Mobilitätsbudgets oder betriebliche Mobilität redet, ist es notwendig, dass zu einer guten Mobilitätsstrategie eben auch die Mobilitätsvermeidung gehört – und zwar sowohl bei Geschäftsreisen als auch beim Pendeln. Unter den heutigen Bedingungen kann man nicht mehr einfach sagen: Mobilität ist per se etwas Gutes.

Am besten wäre es also Ihrer Meinung nach, komplett auf Mobilität zu verzichten?

Reichert: Nein, denn auch soziale, zwischenmenschliche Faktoren und der ökonomische Aspekt des Reisens und sich Fortbewegens spielen eine wichtige Rolle. Das heißt, es gibt in der Praxis immer eine Abwägung, einen Trade-Off zwischen Werten, der sich natürlich im Laufe der Zeit verändert hat, was sich auch in unseren Daten widerspiegelt. Erst der Mix macht es. Perspektivisch heißt das aber: Wir werden die Themen „Emissionsreduktion“ und „Mobilitätsvermeidung“ auch stark in unseren Produkten integrieren.

Welche Rolle spielt dabei der ÖPNV?

Reichert: Wir bieten recht erfolgreich das Jobticket für ganz Deutschland an. Das macht etwa für Unternehmen Sinn, die mehrere Standorte haben. Sie können damit ihren Mitarbeitern sagen: „Ihr erhaltet ein Budget von beispielsweise 80 Euro – das ist ungefähr der ÖPNV-Zuschuss, der normalerweise anfällt – und mit diesem Budget könnt ihr in ganz Deutschland fahren, könnt den Zugnahverkehr und beim Arbeitsweg sogar den Fernverkehr nutzen.“ Falls der Betrag eine Zeitlang nicht genutzt wird, kann das Budget nach Bedarf auch angespart und verteilt werden. Damit machen wir den ÖPNV-Anbietern durchaus auch Konkurrenz, weil Unternehmen dann erstens nicht mehr mit zig Verkehrsunternehmen verhandeln müssen und zweitens ihren Mitarbeitern eine flexiblere Nutzung als mit einem Jahresrabattticket anbieten können. Das wird sehr gut angenommen im Moment.

Gewinnt durch Mobilitätsbudgets das Thema Mobilität auch einen anderen Stellenwert in Unternehmen?

Reichert: Definitiv. Mobilitätsbudgets liegen heute meist bei der Personalabteilung als Benefit, aber das ändert sich: Immer öfter haben wir auch den Fuhrpark als Ansprechpartner, der etwa Pooling und Sharing in der Flotte fördern möchte. Wir sehen zunehmend, dass sich HR und Fuhrpark bei mobilitätsrelevanten Themen stärker abstimmen – oftmals auch in Koordination mit dem Nachhaltigkeitsmanagement des Unternehmens. Diese Entwicklung, die betriebliche Mobilität als wichtige Schnittstellenaufgabe zwischen verschiedenen Bereichen anzusetzen, wird weiterhin zunehmen.

Herr Reichert, danke für das Gespräch!

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